Unser Zukunftsbild Soziales & Gesundheit

Jedes Zukunftsbild einer Branche besteht aus fünf Qualitäten, die wir als zentrale Hebel des sozial-ökologischen Wandels innerhalb der Branche identifiziert haben. Jede einzelne Qualität greift mediale, wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte auf und eröffnet in Verbindung mit den übrigen Qualitäten eine Diskussion für eine gemeinsame Gestaltung unserer Zukunft.

Eine Grafik, die die Qualitäten und Wirkindikatoren für das Zukunftsbild der Branche Soziales und Gesundheit darstellt.

Unsere Wirkung in der Branche Soziales & Gesundheit

Hier stehen Menschen im Mittelpunkt

Durch unser Kreditgeschäft in der Branche Soziales & Gesundheit tragen wir dazu bei, dass Menschen mit körperlichen, seelischen oder geistigen Beeinträchtigungen und Menschen im Alter ihr Leben in Würde führen können. Zudem wirken unsere Kund*innen im Bereich der medizinischen Versorgung sowie der Kinder- und Jugendhilfe.

Ein würdevolles Leben wird bei Menschen mit Pflege- und/oder Betreuungsbedarf von verschiedenen Faktoren beeinflusst: Eine zugewandte, wertschätzende Betreuung eines jeden einzelnen. Vielfältige Angebote, die den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen gerecht werden und sie in ihrer Eigenständigkeit unterstützen. Räumlichkeiten, die sowohl Gemeinschaft ermöglichen als auch Rückzugsmöglichkeiten bieten sowie ein gesundes Raumklima.
In unserem Zukunftsbild für die Branche Soziales & Gesundheit haben wir Kriterien definiert, die darauf hinwirken, dieses Leben in Würde durch eine individuelle Begleitung und Betreuung der betroffenen Menschen zu ermöglichen.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“

Artikel 1, Erklärung der Menschenrechte

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Kreditvolumen im Jahr 2022 in der Branche Soziales & Gesundheit

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des Gesamt-Kreditvolumens der GLS Bank

Uwe Knauer, Branchenkoordinator Soziales & Gesundheit
Uwe Knauer, Branchenkoordinator Soziales & Gesundheit

Interview mit Uwe Knauer

Ambulante Pflege und betreutes Wohnen – was finanziert die GLS Bank?

In unserer Branche Soziales und Gesundheit finanzieren wir insbesondere die ambulante Pflege und unterschiedliche Wohnmodelle (von ambulant betreuten Wohngemeinschaften bis hin zu stationärer Pflege), Hospize, medizinische Versorgungszentren, Therapiepraxen und Krankenhäuser, Behinderteneinrichtungen sowie Formen der Kinder- und Jugendhilfe. Nachfolgend stellen wir schwerpunktmäßig die Wirkung in den Bereichen Leben im Alter und Behinderteneinrichtungen vor.

Unsere Kredite ermöglichen vielfältige Betreuungsmöglichkeiten

Uns ist es wichtig, dass Menschen, die aufgrund verschiedener Umstände in Pflege- oder Betreuungseinrichtungen leben, am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Diese Teilhabe bezieht sich auf das Leben innerhalb der Einrichtung, genauso wie außerhalb - Teilhabe in Bildung, Arbeit, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur für alle Menschen mit all ihren Unterschieden. Die Aufgabe von Pflege- und Betreuungseinrichtungen ist es, diese Teilhabe zu ermöglichen. Das verstehen wir unter Inklusion und Diversität. Dafür machen wir uns gemeinsam mit den von uns finanzierten Einrichtungen stark. So können die Bewohner*innen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Einrichtung vielfältigen sozialen und kulturellen Aktivitäten nachgehen.

Im letzten Jahr konnten wir durch unsere Finanzierungen in Senioreneinrichtungen 308 zusätzliche Pflegeplätze und 43 Plätze in betreutem Wohnen ermöglichen. Die 2022 finanzierten Einrichtungen verfügen im Durchschnitt über 101 Pflegeplätze und schufen im Mittel 31 zusätzliche Pflegeplätze. Damit stellen unsere Träger im Vergleich zu anderen Pflegeeinrichtungen eher kleine bis mittelgroße Einrichtungen bzw. Träger dar.
Hinzu kommt: Durch unsere im Jahr 2022 vergebene Kredite konnten 61 Wohnplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen werden. Der Zubau von Wohnplätzen gestaltet sich aus verschiedenen Gründen allerdings inzwischen schwieriger. So bindet das Behindertenteilhabegesetz (BTHG) in den Einrichtungen der Behindertenhilfe viele Kapazitäten durch einen enormen organisatorischen Aufwand. Auch die drastisch gestiegenen Kosten bei Bau und Unterhalt erschweren die Situation. Dadurch wurden viele neue Baumaßnahmen zum Neubau oder Erweiterung vorerst zurückgestellt.
Neben Wohnplätzen sind 2022 49 neue Außenwohngruppenplätze für Menschen mit Behinderung entstanden. Diese Option bietet den Bewohner*innen eine große Flexibilität in der Gestaltung ihres Alltags und gleichzeitig eine fachgerechte und bedarfsorientierte Betreuung.

Breites Angebot an Therapiemöglichkeiten

Unter Methodenvielfalt bilden wir den Wunsch ab, in Behandlung, Pflege und Betreuung der Individualität der Menschen durch vielfältige Konzepte, Methoden und Therapien gerecht zu werden. Dazu gehört das aktive Angebot von z.B. Komplementärmedizin, Bewegungs- und Klangtherapien, Kunsttherapie, Musiktherapie sowie Öldispersionsbäder, rhythmische Einreibungen, Heileurythmie, Logopädie, Ergo- und Reittherapie, Musiktherapie, Beziehungstherapie und vieles mehr. So können die individuelle Persönlichkeit und Gesundheit erhalten und gefördert werden. 88 % der von uns finanzierten Behinderteneinrichtungen leisten hier nach Einschätzung der Kundenbetreuer*innen sehr gute Arbeit. Im Bereich „Leben im Alter“, erhalten 5 von 8 Einrichtungen diese Einschätzung, 25 % werden sogar als hervorragend eingeschätzt.

Der Mensch im Mittelpunkt der Betreuung

Bei allem, was wir tun, steht der Mensch im Vordergrund. So auch in der Pflege und bei der Betreuung von und Arbeit mit Menschen mit Behinderung. Daher erachten wir die Betreuungsqualität als wesentlichen Faktor.

100 % der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und 78 % der für das Leben im Alter werden von unseren Kreditberaterinnen als mind. sehr gut bewertet. Diese Qualität umfasst unter anderem den Gesamteindruck, das Pflegekonzept, die Qualifikation der Mitarbeiter*innen sowie die Atmosphäre vor Ort. Gute Betreuungsqualität wird aber auch durch konstante Betreuer*innen und Pflegekräfte gewährleistet. Wir freuen uns, dass die von uns finanzierten Einrichtungen auch für die Mitarbeitenden attraktiv sind und deshalb eine geringe Fluktuation haben. Bei den von uns durchgeführten Erhebungen gaben die Einrichtungen an im letzten Jahr zwischen 3 % und 15 % Mitarbeiterfluktuation (Mittelwert: 8 %) gehabt zu haben. Der Fluktuationskoeffizient für das Gesundheitswesen lag 2021 deutschlandweit laut Agentur für Arbeit bei 21,9 %.1 Die Fluktuation muss dabei aber auch immer in den Kontext gesetzt werden. Arbeitet eine Einrichtung für betreutes Wohnen z.B. mit vielen Werkstudierenden zusammen, ist die Fluktuation normalerweise deutlich höher, als wenn die Einrichtung nur Fachkräfte beschäftigt.

In Würde leben

Neben der Qualität der Betreuung und der Vielfalt der angewendeten (Therapie-)Methoden gibt es weitere Kriterien, mit denen wir Selbstbestimmung und Leben in Würde sichtbar machen. Wir achten z.B. darauf, dass die Menschen in den von uns finanzierten Einrichtungen ihren Tagesablauf und ihre Pflege mitbestimmen können, soweit ihnen das möglich ist. 100 % der von uns finanzierten Einrichtungen setzen hierfür Maßnahmen um. Kooperation auch außerhalb der Einrichtungen ist wichtig, um die Teilhabe am sozialen Leben zu gewährleisten. 100 % der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und 78 % der für Leben im Alter ergänzen ihre Angebote durch externe Träger und Ehrenamtliche. Mit dem Ziel den Tagesablauf vielfältiger, interessanter und aktiver zu gestalten.

Bedarfsgerechte Lebensräume

Erheblichen Einfluss auf ein würdevolles Leben haben auch die Räume, in denen das Leben stattfindet. Bei der Umgebung machen bereits vermeintliche Kleinigkeiten einen großen Unterschied für die Bewohner*innen: Ein Garten und weitläufige Außenanlagen geben Raum für Bewegung (Stichwort „Demenzgärten), Begegnung und Aktivitäten und helfen, sich Zuhause zu fühlen. Diesen Blick auf das Wohlergehen der Menschen fassen wir unter Umgebungsqualität zusammen. Nach Einschätzung unserer Kreditbetreuer*innen, bieten 78 % der finanzierten Senioren- und Pflegeeinrichtungen und 88 % der Behinderteneinrichtungen sehr gute oder sogar hervorragende Wohn- und Lebensorte.

Eine Grafik, die die Einschätzung der Kundenbetreuer*innen zur Umgebungsqualität bei 2022 finanzierten Einrichtungen für Leben im Alter und mit Behinderung darstellt. Etwa 80 bis 90% geben sehr gut oder hervorragend an.

Selbstbestimmung bedeutet Würde

Zu einem Leben in Würde gehört, selbstbestimmt leben zu können. Egal ob es sich um Menschen mit Einschränkungen handelt oder nicht. Dazu setzen die von uns finanzierten Einrichtungen gezielt Maßnahmen ein. 100 % der von uns im Jahr 2022 finanzierten Einrichtungen fördern Maßnahmen zur Stärkung der individuellen Wahlmöglichkeiten und der Therapiefreiheit. Alle von uns im Jahr 2022 finanzierten Einrichtungen bieten auch Angehörigen Beratungsangebote zur Stärkung der individuellen Wahlmöglichkeiten und Therapiefreiheit an.

Pflege: Inseln der Souveränität

Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie ein selbstbestimmter Tagesablauf ermöglicht werden kann: Bei Humanas in Sachsen-Anhalt entscheiden die Bewohner*innen selbst, wann gegessen wird, wer beim Kochen hilft und wer andere Bewohner*innen unterstützen kann. Das Konzept ist hier darauf ausgelegt, die Menschen zu ermutigen, selbst ihren Alltag zu bestimmen.

Spezielle Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sind zum Teil umstritten. In Einrichtungen sei beispielsweise oft der Tagesablauf so vorgegeben, dass kaum Raum für Selbstbestimmung bleibe. Darüber sind wir uns im Klaren und setzen uns mit diesem Spannungsfeld selbstkritisch auseinander. Ein fester Tagesablauf kann zum Beispiel auch Jugendlichen in Jugendhilfeeinrichtungen helfen, wieder Fuß zu fassen und Selbstständigkeit zu entwickeln. Oder Menschen, die keinen Lärm vertragen oder sich nur in sehr kleinen Gruppen wohlfühlen, um nicht überfordert zu werden. Diesen Menschen gerecht zu werden und Raum zu geben, ist manchmal nur möglich, wenn alle Bewohner aufeinander Rücksicht nehmen und sich an feste Regeln halten. Das alles zu erkennen und im Lebens- und Arbeitsumfeld zu berücksichtigen zeigt, wie individuell die Konzepte sein müssen, um den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden. Wir unterstützen daher innovative Methoden und Konzepte, die diese Individualität fördern.
Ein konkretes Beispiel für eine gelungene Kombination aus Selbstbestimmung und Begleitung ist ein Projekt des Sozialdienstes der AWO Demmin. Mit einem Kredit der GLS Bank wurde der Bau von Wohnungen finanziert, die "ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit psychischer und/oder geistiger Beeinträchtigung oder Mehrfachbehinderung" ermöglichen. Menschen mit z.T. erheblichem Hilfe- und Betreuungsbedarf können hier selbstverantwortlich im eigenen Wohnraum leben und auf Wunsch Unterstützung bei der Lebensführung und Alltagsbewältigung erhalten.

Welcher Standard reicht?

Eine berechtigte Frage ist, ob bei den verschiedenen Qualitäten (Betreuungsqualität, Umgebungsqualität und Methodenvielfalt) nicht eigentlich 100 % der von der GLS Bank finanzierten Einrichtungen mindestens auf die Einstufung sehr gut kommen müssten. Fest steht: Nicht alle Facetten z.B. der Umgebungsqualität können seitens der Leitung einer Einrichtung gestaltet werden. Die Lage der Einrichtung lässt sich nur schwer ändern, und vielleicht besteht vor Ort kein Platz für einen Demenzgarten. Außerdem sind Maßnahmen zur Verbesserung der Umgebungsqualität mit Investitionen verbunden, die nicht jedes Pflegeheim leisten kann. Auch könnten Zielkonflikte bestehen, etwa zwischen einer Fokussierung auf den Ausbau der Pflegeplätze und der Steigerung der Umgebungsqualität. Aspekte wie der vorherrschende Fachkräftemangel oder die Anspruchshaltung des Trägers bzw. der Einrichtung können zu Herausforderungen auf dem Weg zu einer „hervorragenden“ Betreuungsqualität und Methodenvielfalt werden. In Regionen, in denen eigentlich gar kein Angebot vorhanden wäre, ist auch ein „gutes“ oder „befriedigendes“ Angebot besser als kein Angebot.

Das Thema ökologische Nachhaltigkeit in unseren Einrichtungen

Neben den genannten Qualitäten machen wir uns zudem stark für weitere Nachhaltigkeitsaspekte in der Branche Soziales und Gesundheit. Denn: „der Mensch im Vordergrund“ bedeutet für uns auch, wo immer möglich und machbar, klima- und umweltschonend zu agieren. Unsere Ergebnisse aus dem Jahr 2022 zeigen: Nur die Hälfte der von uns finanzierten Einrichtungen nutzt bereits zu 100 % Ökostrom. Hier zeigt sich ein Spannungsfeld zu unserem Zukunftsbild der Erneuerbaren Energien: Denn in unserem Zukunftsbild der Branche Erneuerbare Energien sprechen wir uns für „100 % Erneuerbare Energien“ aus. Warum also nutzen in der Branche Soziales und Gesundheit nur 50 % der Einrichtungen ausschließlich Ökostrom? Eine mögliche Erklärung: Im Fokus der Einrichtungen stehen natürlich Aspekte wie gute Betreuung bei vertretbaren Kosten, eine ansprechende Umgebungsqualität und die faire Bezahlung der Mitarbeiter*innen. Eine nachhaltige Maßnahme wie der vollständige Wechsel auf Ökostrom könnte hier auf der Prioritätenliste weiter hinten stehen. Schließlich spüren die Bewohner*innen in einer Einrichtung keinen direkten Nutzen durch den Wechsel auf Ökostrom. Aus Gesprächen mit den Kund*innen wissen wir aber, dass Ökostrom bei den meisten einen großen Anteil am Strommix ausmacht.

Trotzdem gilt für uns: Auch wenn wir 100 % Erneuerbare Energien anstreben, schließen wir keine Pflegeeinrichtung aus, nur weil sie (noch) nicht vollständig Ökostrom bezieht oder ausschließlich ökologisch erzeugte Lebensmittel verarbeitet. Denn hier geht es primär um etwas anderes: Wir wollen eine bestmögliche Pflege ermöglichen und konzentrieren uns in dieser Branche deshalb stärker auf soziale Qualitäten als auf ökologische. Gleichzeitig können wir unsere Firmenkund*innen auf mögliche Verbesserungspotentiale hinweisen und so z.B. den ersten Anstoß zum Wechsel auf grünen Strom zu geben.

Gleiches gilt bei der Versorgung der Bewohner*innen mit ökologischen und regionalen Lebensmitteln. 100% biologische Lebensmittel ist das Zielbild unserer Branche Ernährung. Leider bieten nur 41 % biologische und regionale Lebensmittel an. Auch hier gilt es für die finanzierten Einrichtungen abzuwägen zwischen den verschiedenen Maßnahmen, die Einfluss auf die Lebensqualität der Bewohner*innen haben. Umso erfreulicher ist, dass 100 % regionale Lebensmittel anbieten und damit einen wichtigen Beitrag zu kürzeren sowie transparenten Lieferketten und der Stärkung der lokalen Landwirtschaft leisten.
Insgesamt stehen wir damit immer wieder vor Zielkonflikten. Diese nehmen wir auch in der Beratung unserer Kund*innen in den Fokus, um bei der ökologischen Transformation - u.a. zur Erreichung notwendiger Klimaziele - wertvolle Impulse einzubringen.

Eine Grafik, die darstellt, wieviel Prozent der Einrichtungen für Leben im Alter und mit Behinderung ein Angebot regionaler und ökologischer Lebensmittel haben. 41% der Einrichtungen bieten beides an.

Auch zu unserer Branche Wohnen sehen wir eine konkrete Verbindung: Im Jahr 2022 erhielten die Immobilien der Kreditnehmer*innen im Bereich Soziales und Gesundheit im Durchschnitt ein Ergebnis von 62,6 (= gut) bei unseren nWert-Gutachten. Das nWert-Gutachten ist ein Bewertungssystem, das die nachhaltigen Qualitäten und Potenziale von Immobilien Punkt für Punkt aufzeigt. Dazu gehören sowohl ökologische Aspekte (z.B. Photovoltaikanlagen auf dem Dach, eine ökologische Wärmedämmung oder Förderung der Biodiversität am Standort) als auch soziale Aspekte. Beispiele sind hier Maßnahmen zum barrierefreien Zugang zum Gebäude und allen Ebenen (z.B. via Fahrstühle, extrabreite Türen, Blindenführung), ebenerdige Duschen, Gemeinschafts- und Rückzugsräume, Therapieräume, Sinnesgarten/Erlebnisgarten, oder Elemente zur modularen Raumgestaltung.

Gewinnorientierung – ja oder nein?

Eine sehr grundsätzliche Frage im Sozial- und Pflegebereich ist die, ob Pflegeeinrichtungen gewinnorientiert arbeiten sollten. Ideal ist eine Balance zwischen Wirtschaftlichkeit, der Sicherstellung eines Lebens in Würde und einem fairen Umgang mit allen Mitarbeitenden innerhalb und außerhalb der Einrichtung. Bei einem zu starken Fokus auf Profit, wie er z.B. in Aktienunternehmen oft zu finden ist, kann diese Balance schwierig zu erreichen sein.
Pflegeeinrichtungen für Menschen mit Behinderung sind von Seiten des Staats in Deutschland sehr stark reguliert. Die Einrichtungen sind daher in der Regel gemeinnützig. Deshalb verwundert es nicht, dass 88 % der im Jahr 2022 von uns finanzierten Einrichtungen für Menschen mit Behinderung in ihrer Satzung explizit auf eine Gewinnorientierung verzichten. Ein anderes Bild zeigt sich bei Einrichtungen für das Leben im Alter: Hier liegt der Anteil mit einem expliziten Verzicht auf die Erwirtschaftung eines Gewinns im Jahr 2022 lediglich bei 22 %. Zwar ist auch hier der Markt deutlich reguliert, die Verteilung von gemeinnützigen und gewerblichen Einrichtungen regional aber sehr unterschiedlich.

Einige Beispiele aus unseren Finanzierungen

Inklusive Begegnungsstätte mit zukunftsweisender Stromversorgung
In Schwerin bietet der una e.V. Menschen mit Behinderung, pflegebedürftigen Senioren*innen und an Demenz Erkrankten individuelle Hilfe. Mit dem unaHaus wird aus einer bestehenden ehemaligen Gewerbeimmobilie eine inklusive Wohn-, Begegnungs- und Kreativstätte mit einer 185kWp PV-Anlage auf den Dachflächen. Leitbild ist ein intergeneratives und interkulturelles Miteinander von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen, die füreinander und für den gemeinschaftlichen Betrieb der Stätte verantwortlich sind. Eine Cafeteria, Räume für Veranstaltungen, sowie Kreativ- und Selbsthilfewerkstätten stehen den Bewohnern des Hauses genauso zur Verfügung wie Anwohnern. In Zusammenarbeit mit lokalen Vereinen entstehen ein Garten und eine Fahrradwerkstatt auf dem Gelände. Überdies befinden sich im Haus auch eine Physiotherapie und ein Frisör und machen das unaHaus zu einem echten Anziehungspunkt der Nachbarschaft.

Umgebungsqualität in der Praxis
Seit mehreren Jahrzehnten bietet unser Kunde „Tragende Gemeinschaft“ in Kirchlinteln auf einem weitläufigen Areal Wohn-, Arbeits- und Lebensraum für Menschen mit Behinderung. Zu der wunderschön gelegenen Anlage inmitten der Lintelner Geest, umschlossen von weitläufigen Wäldern und Heideflächen, konnte im Jahr 2022 das Nachbargrundstück mit Gebäuden hinzugekauft werden.

Nach energetischer Sanierung entstehen hier eine Mensa sowie weitere Werkstatt- und Betreuungsräume, wodurch das Angebot an Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten weiter vergrößert wird. So finden alle Bewohner*innen - bezogen auf die individuellen Fähigkeiten - optimale Arbeitsbereiche. Die Angebote sollen sinngebend sein und reichen von der Arbeitsvorbereitung bis zur vollständigen Herstellung eines fertigen Produktes.

Umgekehrte Inklusion
In der Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft kommen Menschen mit und ohne Behinderung zusammen: In inklusiven Projekten begegnen sich die Menschen auf Augenhöhe. Gemeinsam wirken sie an Kunst- und Kulturprojekten.

Mehr über die Branche Soziales & Gesundheit

Wo eine körperliche, seelische oder geistige Beeinträchtigung oder einfach nur das Alter Menschen daran hindern, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, sind wir besonders gefordert, Hürden abzubauen und allen ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Altern ist kein leichter Prozess. Damit auch Menschen mit Pflegebedarf die letzten Lebensphasen mit hoher Qualität gestalten können, braucht es eine menschliche Altenpflege, die soziale Isolation verhindert. Denn Altern ist ganz natürlich und muss mit Würde und Menschlichkeit begleitet werden. 80 % der Deutschen haben Angst davor, im Alter pflegebedürftig zu werden und in ein Alters- oder Pflegeheim ziehen zu müssen.2 Diese Angst gründet auf der Wahrnehmung, dass der Einzug ins „Heim“ zu einer sozialen Abgrenzung vom Leben „draußen“ bedeutet.

Ende 2021 waren knapp 5 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig.3 Jedes Jahr werden es mehr. Der derzeitige Pflegenotstand wird sich in den kommenden Jahren verstärken. Der Mangel an Personal liegt nicht allein an der erhöhten Nachfrage. Der Beruf hat ein Imageproblem: Unregelmäßige Arbeitszeiten, ein zu geringes Gehalt, knappe Zeit mit den Pflegebedürftigen selbst und der Rechtfertigungsdruck. Attribute wie Fürsorge, Nähe, Verantwortung und Freude an einer sinnvollen Arbeit fallen zu oft unter den Tisch.

Es gibt viele großartige Beispiele für Pflegeeinrichtungen, die Zeit für Zuwendung und Fürsorge als Grundstein der täglichen Arbeit leben. Was wir brauchen, ist eine flächendeckende Rückbesinnung auf das Wichtigste – den Menschen. Pflegeheime müssen die Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Sicherstellung eines Lebens in Würde finden. Pfleger*innen und andere Beschäftigte kämpfen hierzu schon seit Jahren voller Engagement gegen Pflegenotstand und zu knappe Mittel.

Doch auch wer im Alter nicht pflegebedürftig ist, hat mit Barrieren zu kämpfen: in Gebäuden, im Verkehr, in kleingedruckten Formularen oder beim Zugang zu Finanzdienstleistungen und Versicherungen.

Fehlende Aufzüge an Bahnsteigen oder keine Gebärdendolmetscher bei Nachrichtensendungen sind nur zwei Beispiele, wie Menschen an der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben behindert werden. In Regelschulen mangelt es an ausgebildeten Lehrkräften und einer bedarfsgerechten Betreuung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen.

In Deutschland leben 7,9 Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung.4 Noch zu oft wird Behinderung mit Unterlegenheit gleichgesetzt. Seit Inkrafttreten der UN Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008, die die Inklusion von Menschen mit Behinderung festschreibt, hat sich in Deutschland zwar vieles zum Positiven gewandelt. Aber es ist noch viel zu tun.

Es fehlt nicht an Orten zur Begegnung, sondern an Orten, die für jede*n gleichermaßen zugänglich sind. Was zählt sind Gemeinschaft und Gleichwertigkeit, nicht Unterschiede. Inklusion ist gelebte Vielfalt und uneingeschränkte Teilhabe, Offenheit für das Andere, Neugier auf das Unbekannte, Liebe für das Menschsein. Damit diese Gedanken tatsächlich Eingang in unser Leben finden, brauchen wir starke Netzwerke, den Mut zur Begegnung und vor allem den unermüdlichen Einsatz, den schon heute so viele Menschen im Bereich Soziales und Gesundheit leisten. Stehen wir ihnen bei, indem wir zusammenstehen!

Nachhaltigkeit bei Dienste für Menschen

Unser Kunde 'Dienste für Menschen' hat ein Video über das Nachhaltigkeitsmanagement-System erstellt.

7 Tipps: So finden Unternehmen Bewerber*innen mit Behinderung

Die Inklusion in Deutschlands Arbeitsmarkt hat ein großes Problem: es fehlen die Minderheiten.

Seit dem 1. Januar 2020 ist die Wirkungstransparenz im Kreditbereich der GLS Bank fest verankert. Zugeschnitten auf das jeweilige Geschäftsmodell und die Branche, erfassen unsere Berater*innen gemeinsam mit den Firmenkund*innen die entsprechenden Wirkungsdaten. Dabei beruhen einige Wirkungs-Datenpunkte auf Schätzungen bzw. auf der Einschätzung der Firmenkundenberater*innen. Im Jahr 2022 konnten wir bereits für 60% der Neukredite die sozial-ökologische Wirkung systematisch erfassen. Die Datenbasis für die Auswertungen auf dieser Seite sind Neufinanzierungen im Jahr 2022 in dieser Branche, erhoben im Wirkungstransparenzportal der GLS Bank.

1 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeitsmarkt in Deutschland 2021, S.111, 2022. Online verfügbar unter statistik.arbeitsagentur.de

2 Vgl. Bank für Sozialwirtschaft, BFS-Trendinfo, 2018

3 Vgl. de.statista.com/statistik/daten/studie/2722/umfrage/pflegebeduerftige-in-deutschland-seit-1999/

4 Vgl. Vgl. Statistisches Bundesamt, 7,9 Millionen schwerbehinderte Menschen leben in Deutschland, 2020